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Aufsätze 41–45

 

41. LABBE CONTRA BABEL. Ein klassizistischer Vorläufer des Esperanto

Als Folge früher Erfahrung mit sprachlicher Verschiedenheit als Hindernis interethnischer Kommunikation begann die Menschheit vermutlich vor Urzeiten, nach einem Mittel zu suchen, um diese Barriere zu überwinden. Die Lösung sah man in der Schaffung eines Verstän­digungs­mittels, das unmittelbar alle denkbaren menschlichen Gedanken und durch eine aus­nahmslose logische Grammatik die Beziehung zwischen diesen auszudrücken imstande sei. In Europa fand diese Idee seit dem 17. Jahrhundert weithin das Interesse der Gelehrten, u. a. bei Leibniz. Im All­gemeinen wird angenommen, dass erst im 19. Jahrhundert immer häufiger solche philoso­phi­schen Sprachen von aposteriorischen Systemen wie u. a. Esperanto abgelöst wurden, die unter Verzicht auf philosophische Klassifikation der Ideen und auf der Grundlage des Wort­schatzes na­türlicher Sprachen vor allem nach Überwindung der Kommunikationsbar­riere streben. Hier nun stellen wir eine dem Esperanto frappierend ähnliche Sprache vor, die aus praktischen Erwägungen für die Bedürfnisse von Missionaren und Kaufleuten bereits im 17. Jahrhundert von dem französischen Jesuiten Philippe Labbé entworfen worden ist. 

 

42. Википедїѩ словѣньскъ ѩзыкъ. Neo-Altkirchenslavisch oder Conlang?

Nachdem das Kirchenslavische jahrhundertelang die gemeinsame Literatursprache aller orthodoxen und teilweise auch der kroatischen Slaven gewesen war, wurde ihr Gebrauch durch Peter den Großen auf die Verwendung im liturgischen Rahmen eingeschränkt (Synodalkirchenslavisch). Der wahrscheinlich letzte Autor, der sich über beliebige Themen auf Kirchenslavisch auszudrücken verstand, war Paisij Velyčkovs'kyj (1722–1794). Andererseits wurde seit dem 17. Jahrhundert das Synodalkirchenslavische ostslavischer Prägung auch außerhalb des Russischen Reiches verwendet, weil der Vatikan an einer verlässlichen, einheitlichen Liturgiesprache für alle Slaven, die das Kirchenslavische verwendeten, interessiert war und daher die von Meletij Smotryc'kyj geschaffene Norm auch für die katholischen Kroaten zum Standard, wenngleich in adaptierter glagolitischer Schrift, erhob. Unter dem Vorzeichen des Misstrauens gegenüber allem Russischen im Österreich-Ungarn vom Ende des 19. Jahrhunderts ersetzte der Glagoljaš Dragutin Parčić das ostslavisierte Kirchenslavische 1893 durch eine vorgeblich einheimische Redaktion, auch wenn er tatsächlich nur Äußerlichkeiten veränderte (Beseitigung der diakritischen Zeichen, Wiedereinführung von Jerzeichen selbst in schwacher Stellung). Auf amateurhafte Weise entstand so ein künstlich archaisiertes Neukirchenslavisch, das wir als Neo-Altkirchenslavischen bezeichnen. Trotz der Künstlichkeit wird diese Sprachform bis heute tatsächlich liturgisch verwendet. 1972 trat neben das kroatische Neo-Altkirchenslavische, das seit 1927 in lateinischer Schrift gedruckt wird, eine tschechische neo-altkirchenslavische Variante, die 1992 in Olmütz unter Wiedereinführung von Nasalvokalen und in runder Glagolica gedruckt wurde. 

Vom Neo-Altkirchenslavischen zu unterscheiden ist eine Sprachform, die seit 2006 für die vorgeblich altkirchenslavische Wikipedia verwendet wird. Die linguistische Analyse dieser Sprachform steht im Mittelpunkt des vorliegenden Aufsatzes. Das Wikipedia-Kirchenslavische, das in Kyrillica und runder Glagolica geschrieben wird, unterscheidet sich erheblich von allen anderen Spielarten des Kirchenslavischen. Teilweise werden Formen rekonstruiert, die sogar in Richtung des hypothetischen Baltoslavischen über das Altkirchenslavische hinausgehen, daneben aber stehen morphosyntaktische Züge, die sonst nur in modernen slavischen Sprachen vorkommen, teils aber auch ganz unslavisch wirken und allenfalls Parallelen in slavischen Plansprachen oder Conlangs haben. Die Bezeichnung des Wikipedia-Kirchenslavischen als Old Church Slavonic und die Verwendung des ISO-Codes cu für diese Sprachform ist jedenfalls unberechtigt. Anders als etwa die Plansprache Medžuslovjanski jezik, die tatsächlich kommunikativ verwendet wird, handelt es sich beim Wikipedia-Kirchenslavischen um eine Totgeburt und einen slavischen Golem.

 

43. Nicolina Trunte, Чрътами и рѣзами чьтѣхѫ и гатаахѫ. Zu den Anfängen slavischer Schriftlichkeit

Es ist unwahrscheinlich, dass Černorizec Chrabr bei dem Ausdruck чрътами и рѣзами an germanische Runen gedacht haben könnte, wie es noch Hanuš 1855 erwogen hatte. Selbst wenn Slaven germanische Runen je verwendet haben sollten, wäre es unwahrscheinlich, dass Chrabr davon Kenntnis erhalten hätte. Eher wird er an zentralasiatische Runen (Rovás-Alphabete) gedacht haben, wie sie bei den Protobulgaren in Gebrauch waren und bei den Széklern bis heute liebevoll gepflegt werden. Während es aus chronologischen Gründen nicht möglich ist, einen Einfluss der (leider bisher auch unzureichend entzifferten) protobulgarischen Kerbschrift oder auch der chazarischen Kerbschrift auf die Glagolica anzunehmen, ist vor allem von ungarischen Forschern (Vásáry 1974, Vékony 1986+2004, Hosszú 2012+2013) in jüngerer Zeit wiederholt versucht worden, die Glagolica in den Kontext des Karpaten-Rovás zu stellen. Die behaupteten Ähnlichkeiten sind überwiegend freilich nicht überzeugend, vor allem aber setzen sie voraus, dass nicht die Glagolica die primär von Konstantin-Kyrill erfundene Schrift war. 

In diesem Zusammenhang untersuchen wir alternative Modelle für die Geschichte der Glagolica und ihr Verhältnis zur Kyrillica, wie sie von diversen Forschern (Genov 1946, Georgiev 1952+1971, Lunt 2000, Bogović 2004) erwogen worden sind, auch das Verhältnis zur Schrift des Aethicus und der Zusammenhang mit dem Hieronymus-Mythos (Pertz 1853, Löwe 1976, Verkholantsev 2014) werden betrachtet. Dabei zeigt sich, dass die traditionelle Ansicht, dass die Glagolica die erste erste slavische Schrift und die von Konstantin erfundene war, Bestand haben wird. Hingegen darf durchaus mit einem Einfluss vor allem der Kyrillica auf die protobulgarische Runenschrift gerechnet werden, zumal die betreffenden protobulgarischen Inschriften in Kirchen und Klöstern zutage getreten sind. 

In einem weiteren Abschnitt wird der Frage nachgegangen, ob die Glagolica paläographischen oder ideographischen Ursprungs ist. Die Vermutung ideographischer Züge bei Tschernochvostoff 1947, die Kiparsky 1964 in der Slavistik bekannt gemacht hat, kann nur für einige Zeichen überzeugen trotz ergänzender Versuche bei späteren Autoren (Mathiesen 2014, Jung 2013). Während Tschernochvostoff die Ringlein an den glagolitischen buchstaben für konstitutiv hielt und keineswegs für Zusatzelemente, wird hier versucht, die Glagolica auf Grundformen ohne die Ringlein zu reduzieren, für die durchaus Anregungen in Konstantin bekannten Schriften gefunden werden können, während die Verfremdung durch Ringlein als sekundäre betrachtet werden in Analogie zu entsprechenden Verfremdungen an hebräischen und anderen Buchstaben bei der Verwendung in Magie und Astrologie (Himmelsschrift). Es ist daran zu erinnern, dass Konstantin u.a. bei Leon dem Philosophen studiert hat, der nicht nur ein Förderer der antiken Mathematik und Philosophie war, sondern auch ein erfolgreicher Astrologe und Verfasser mehrerer Schriften zur Erstellung von Geburtshoroskopen. Auf diesem Hintergrund lässt sich die Glagolica als ein Mittel verstehen, das in Überwindung der heidnischen Buchstabenmagie zum wahren glauben führen soll.

 

45. Nicolina Trunte, La Guliveriado. Neniejoj de l’ Infana Raso

La eseo estas pri Sándor Szathmári (1897–1974), aŭtoro de la utopia romano Vojaĝo al Kazohinio, kiun William Auld (1924–2006) en 1981 nomis “ĉefverko de nia literaturo”, sed kiu krome kiel unua el la ori­gi­na­laj Esperanto-romanoj formas parton de tutmonda klasika li­te­ra­­tu­ra he­re­daĵo.

La romano de Szathmári, verkita inter 1935 kaj 1939, sed pro militcenzuraj malhelpoj publikigita nur en 1958 en Parizo, estas daŭrigo de la konataj aven­turoj de Gulivero, kiujn en 1726 publikigis la irlanda verkinto Jon­a­than Swift (1667–1745). En 2018 la angla emerita psiko­lo­go Christopher Ro­ger Badcock anonime verkis anglalingve daŭrigon al la romano de Szath­má­ri sub la titolo Reveno de Gulivero, kaj en la fina ĉapitro re­zonigas Guli­ve­ron, la laŭpretendan verkinton de ĉiuj tri romanoj: “Vidita retrospektive mia vivo aperas plie kiel fea ol kiel fakta rakonto – aŭ eble mi devus pli precize diri, kiel aŭtobiografia rakonto pri miaj aventuroj notita en trilogio, kiu ampleksas Vojaĝojn de Gulivero, La vojaĝon al Kazohinio kaj fi­ne Revenon de Gulivero: kion vi povus arige nomi La Guliveriadon.

Fakte krom Reveno de Gulivero ekzistas ne malmultaj aliaj daŭrigoj de la ori­gi­na­laj Guliveraj aven­turoj, el kiu ĉi tie estas, kvankam ne elĉerpe, pritraktataj aliaj ses, no­me du de la hungara ĵurnalisto kaj verkisto Frigyes Er­nő Karinthy (1887–1938) el 1916 kaj 1921, kiu influis Szathmári’n, tiu de la rusa poeto Miĥail Kozyrev (1892–1942) el 1936 (publikigita nur en 1991 en Moskvo) kaj tri pli novaj daŭ­rigoj de emerita profesoro pri angla litera­turo Matthew Hod­gart (1916–1996) el 1969, germana emerita profesoro pri nuklea medicino Gyn­ter Mödder (*1942) el 2007 kaj la skota poetino Alison Fell (*1944) el 2000, kiu ĉi lasta aldonas feminisman perspektivon al la aven­turaro. Ĉiuj ĉi ses ver­koj tamen ne daŭrigas la verkon de Szathmári, sed liveras al­donojn sen­pere al la Swift’a verko.

La romano de Szathmári havas du partojn. La unua pritraktas la socion de la hinoj, kiuj vivas konforme al la koncepto de kazo, la dua en formo de akra satiro priskribas la socion de la behinoj, kiuj estas internigita en iuspe­ca frenezulejo, ĉar ili ne pretis aŭ ne kapablas adaptiĝi al la koncepto de kazo. La be­hi­na socio satire spegulas nian nuntempon. Kritikon al la sia­tem­pa socio jam Swift mul­tafacete prezentis, precipe en la dua parto pri la grandeguloj de Brob­dingnago kaj en la kvara pri la hŭihnhnmoj, raso de sa­ĝaj ĉevaloj, kies lin­gvo samkiel tiu de la hinoj nek vorton havas por men­so­go kaj falso. Ĉiuj daŭrigoj krom tiu de Fell same kritikas siatempajn sociajn misfunkciojn, precipe en la kampo de kultura vivo (ĝentilado, lingvouzo, modo, arto, mu­ziko, lite­ra­turo, religio, mitoj kaj timoj, edukado, politiko), ĉe Badcock kaj Mödder ankaŭ larĝe pri medicino, pri kio ili ja estas fakuloj. Badcock krome ĝis ekstremo lerte kaj amuze (sed ofte netradukeble) ridin­digas la laŭmodan seksane justan lingvo­uzon.

Dum la satira valoro de la trilogio kiel ankaŭ de la aliaj guliveraĵoj estas ĝe­nerale agnoskata, ĝis nun ne sufiĉan atenton ricevis la filozofia aspekto de la Szath­má­ri’a verko, kvankam jam en 1966 Michel Duc Goninaz atentigis, ke Vojaĝo al Kazohinio estas filozofia romano. Tiel Vilmos Benczik (*1945) el marksisma vidpunkto en 1988 konsideris la hinan parton nekontentiga pro “eksmoda objektiva idealismo”. Gulivero mem vidis en kazo puran racion laŭ la idealo de Eŭgeno Lanti (1879–1947), sed nek tio estas kontentiga eks­pli­ko. Zatamon en la romano de Szathmári komparas la kazoon al in­stink­toj, kiuj funkcias sen pensado, dum el interne venantaj memvibradoj an­sta­taŭ la sanaj kosmaj radioj, kiuj ebligas laŭkazoan vivon, renversas la vi­von kaj estigas la behinecon. Kazoo do estas nek racio, nek homa elekto, sed natura leĝo, kiu efikas per si mem, komparebla al daŭo (道 dào) de la ĉina filo­zofio (daŭismo). Szathmári kun ioma verŝajno povis havi konon pri daŭismo, pri kiu en Eŭropo jam depost 1925 aperis diversaj studoj.

La fakto, ke la romano de Badcock tute ne daŭrigas la filozofian aspekton de la Szathmári’a romano, sed siavice liveras alternativan psikologian te­zon pri la diferenco inter hinoj kaj behinoj, kontraŭas ties proponon kon­sti­tui trilogion el la verkoj de Swift, Szathmári kaj Badcock.

Aliflanke la Szathmári’a koncepto pri kazoo ligiĝas ne nur al la ĉina daŭis­mo, sed eĉ trovas subtenon en la aktuala kvantuma fiziko kaj neindivi­du­isma filozofio, kiajn prezentas aktualaj studoj kiel tiuj de Frido kaj Christi­ne Mann (2017) aŭ Tingyang Zhao (2020). La romano de Sándor Szathmári estas do frape moderna kaj nepre releginda.

 

46. Nicolina Trunte, Ein Beitrag zur Entmythologisierung des Kirchenslavischen

Kirchenslavisch ist die verschriftlichte Form südostbulgarischer Mundarten vom Rhdopentyp, wie sie im 7. und 8. Jahrhundert von Kriegsgefangenen und Flüchtlingen nach Kleinasien gebracht und noch Mitte des 9. Jahrhunderts in Westkleinasien (Bithynien) gesprochen wurden. Die Verschriftlichung ist das Werk des armenischstämmigen rhomäischen Aristokraten Konstantinos (als Mönch Kyrillos), seines Bruders Methodios und weiterer Mitarbeiter in jenem Kloster am bithynischen Olymp, dem Methodios als Abt vorstand. Wahrscheinlich war Methodios, bevor er sich ins Kloster zurückzog, mit der Verwaltung eines slavischen Fürstentums im Thema Opsikion betraut gewesen und hatte sich dadurch bereits gute Kenntnisse des lokalen slavischen Dialekts angeeignet. Die Verschriftlichung des Kirchenslavischen begann 855/56. Zu diesem Zweck schufen die Brüder ein völlig neues Alphabet, was einzelne Erinnerungsbilder nicht ausschließt. Das später Glagolica genannte Alphabet umfasste 36 Buchstaben, die sich alle deutlich voneinander unterschieden. Das Alphabet zeigt allerdings griechisches Schriftdenken und lässt auch armenische Hörgewohnheiten erkennen. Erst in nachkyrillomethodianischer Zeit ist die Glagolica in Nordostbulgarien und in Makedonien durch Schriftreformen an andere Dialektgrundlagen angepasst worden. Die erhaltenen altkirchenslavischen Sprachdenkmäler zeigen diese nachkyrillomethodianische reformierte Glagolica.

Die Rhomäer hatten kein Interesse an der Schaffung einer slavischen Schriftsprache, sondern waren bestrebt, die Slaven im Reichsgebiet durch Christianisierung zu assimilieren. Auch Rastislav hatte kein Interesse an einer slavischen Liturgiesprache, sondern nuran einem eigenen Bischof, um sich von fränkischen und bairischen Einflüssen zu emanzipieren. Die Bitte um einen des Slavischen mächtigen Bischof sollte lediglich sicherstellen, dass die Unterweisung der Gläubigen auch weiterhin, wie seit dem 8. Jahrhundert üblich, in der slavischen Volkssprache erfolgen würde (pastorale Kleinliteratur). Die Bitte Rastislavs um einen Bischof wurde in Konstantinopel abgewiesen, weil für das bereits getaufte Moravia Passau und indirekt Rom zuständig war. Dass sich Rastislav überhaupt mit Hoffnung auf Erfolg an Konstantinopel wenden konnte, lag daran, dass er auch für weitere Fürsten sprach, deren Territorien südlich der Donau im einstigen Illyricum (Bosnien, Slavonien, vielleicht Raszien) lagen, dessen kirchenpolitische Stellung zwischen Rom und Konstantinopel umstritten war.

Die Implementierung des Kirchenslavischen außerhalb der Grenzen des Rhomäischen Reiches in Moravia und dann auch im von Konstantinopel nicht länger beherrschten Illyricum sowie die Unterstellung dieses Raumes als Kirchenprovinz unter das Patriarchat Rom folgte tagespolitischen Erwägungen der Rhomäer und sollte ein erneutes Ausgreifen der Franken in den Donauraum und die Bedrohung des Reiches durch ein fränkisch-bulgarisches Bündnis verhindern. Zugleich ermöglichte das Kirchenslavische als gemeinsame Liturgiesprache die Entstehung eines slavischen Gemeinschaftsbewusstseins in dem zu schaffenden Pufferstaat (Königskrönung Svętoplks 885 in Duvno?) und erschwerte damit erfahrungsgemäß auswärtigen Mächten die Kontrolle dieses Raumes. 

Nicht lange nach der Ankunft der Schüler der Slavenlehrer in dem mittlerweile christlichen Bulgarien wurde hier (vielleicht durch Konstantin von Preslav) unter Aufnahme von Zeichen der Glagolica in die ihnen seit Langem vertraute griechische Majuskelschrift die Kyrillica geschaffen. Die Ablösung der Glagolica durch die Kyrillica erfolgte in einem Jahrhunderte währenden Prozess und ist keineswegs durch die angebliche Schwierigkeit der Glagolica zu erklären. Von Vorteil war die Kyrillica allein für schon griechische alphabetisierte Slaven, außerdem besser geeignet für Inschriften auf Stein und vertraut durch die mit den griechischen übereinstimmenden Zahlenwerte. Beide Schriften wurde jahrhundertelang nebeneinander verwendet und, wie an Schriftmischungen abzulesen ist, als zwei Stile derselben Schrift empfunden. 

Nach dem Ende des Bulgarischen Reiches studierten rhomäische Kleriker die kirchenslavischen Bücher und fanden darin missverständliche Aussagen. Das diente als Grund für die vollständige Vernichtung des kirchenslavischen Schrifttums unter den Komnenen, so dass Sprachdenkmäler nur an der rhomäischem Zugriff entzogenen Peripherie (Sinai, Palästina, Athos, Rus’, Nordkroatien) erhalten geblieben sind. Erst seit dem Ende des 12. Jahrhunderts kam es zu einer Erneuerung des kirchenslavischen Schrifttums, wobei Anregungen aus der Rus’ wichtig waren, was nachfolgend zu der Überzeugung von der russischen Grundlage des Kirchenslavischen führte, zu belegen seit dem 15. Jahrhundert und noch bis in das 19. Jahrhundert geglaubt. 

 Das Kirchenslavische blieb in der Slavia Orthodoxa die einzige und dann bis zu den petrinischen Reformen, durch die es auf die liturgische Verwendung eingeschränkt wurde, wichtigere Schriftsprache. Die nichtliturgische Verwendung ist aber noch bis Ende des 18. Jahrhunderts in Russland und sogar noch bis Ende des 19. Jahrhunderts in Kroatien zu belegen.